Ihr Abriss des Jahres 2023
Historische Gebäude prägen uns und unsere Städte und Dörfer. Dennoch verschwinden jedes Jahr mehr von ihnen. Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege hat dieses Jahr wieder eine Auswahl an bedauerlichen Abrissen gesammelt. Zwölf davon stellten wir für den „Abriss des Jahres 2023“ zur Wahl. Jeder konnte über ein Formular am Ende dieser Seite seine Stimme abgeben. Nach zwei Wochen wurden die Stimmen ausgezählt und der traurige Gewinner verkündet. Der Gewinner ist: Das Fachwerkhaus Bayreuth-Rödensdorf. Mehr dazu erfahren Sie in unserer Pressemitteilung.
1. Fachwerkhaus, Rödensdorf/Bayreuth
1802 erbaut, galt es lange als eines der schönsten Fachwerkhäuser Oberfrankens und war das Motiv zahlreicher Postkarten. Jahrzehntelanger Verfall und Untätigkeit der Behörden fügten dem Bauernhaus irreparablen Schaden zu. In der Presse wurde mehrmals über den „Denkmalfrevel in Bayreuth“ berichtet. Der jahrelange Einsatz des Vereins „Rettet die Fachwerk- und Sandsteinhäuser! e.V.“, der sogar ein Kaufangebot ausgesprochen hatte, war leider vergebens. 2023 wurde das Bauernhaus abgerissen.
Eingetragenes Baudenkmal Nr. D-4-62-000-432.
Quelle: Verein, Presse (Nordbayerischer Kurier).
2. Alte Post/Anwesen Rösch, Neukirchen
Zwar stand das stattliche weiß getünchte Bauwerk mit den beiden markanten Erkern (in der Fachsprache: Zwerchhäuser) nicht auf der Denkmalliste, doch machte es den Eindruck eines erhaltenswerten Baudenkmals, stammend aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Leider hatte die Gemeinde Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg als vorletzter Eigentümer nicht den Willen und/oder die finanziellen Mittel, um das Gebäude zu renovieren. Das Haus musste nun einem Neubau weichen. Es wurde im Januar 2023 abgerissen.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Heimatpfleger.
3. Altes Bräuhaus, Markt Buch (Lk. Neu-Ulm)
Historische Quellen zeugen von einer langen und wechselvollen Geschichte des Bräuhauses. Als Besitzer ist bereits im Jahr 1579 der Gerichtsvogt Matheus Feigenbutz angegeben. 1970 wurde eine an der Nordseite freistehende Kegelbahn abgebrochen. Der hintere Gebäudeteil, in dem einst eine Brauerei war, und das Obergeschoss mit Saal wurden bereits vor etlichen Jahren abgerissen. Im Untergeschoss befindet sich heute noch ein unterirdischer Gang, der in das ehemalige Burgschloss führt. Im Januar 2023 wurde das Gebäude abgerissen.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Privat.
4. Ehem. Gerbereiwerkstatt-Gebäude, Kronach
Das Werkstattgebäude wurde 1892 erbaut und, nachdem der jüdische Besitzer 1938 Kronach verlassen musste, für die Bedürfnisse einer Autowerkstatt angepasst. Im Inneren zeigte das Gebäude noch seine veränderte ursprüngliche Nutzung als Gerberei mit Trockenböden, vergitterten Fenstern, Lüftungsklappen usw. Das Gebäude war ein Teilbereich eines großen Abbruchareals im Herzen des Denkmalensembles. Die Abrissarbeiten haben im Juli 2023 begonnen.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Heimatpfleger, Presse (Neue Presse Coburg).
5. Haus „Silo“/ehemaliges Brauhaus, Gunzenhausen
An einer zentralen Kreuzung in Gunzenhausens Innenstadt entsteht in den nächsten vier Jahren ein Neubau für zwei staatliche Behörden. Bauherr ist der Freistaat Bayern. Die frühere Fachakademie für Sozialpädagogik – das sogenannte Haus „Silo“ – sowie mehrere weitere Gebäude wurden im Sommer 2023 abgerissen. Ursprünglich Ende des 17. Jahrhunderts als markgräfliches Brauhaus gebaut, blickte das Haus „Silo“ auf eine lange Geschichte zurück.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Presse (Nürnberger Nachrichten), Denkmalnetz Bayern.
6. Buchner Haus am Ludwigsplatz, Passau
Das Buchner-Haus, eine Legende in Passau, wird seit Herbst 2023 abgerissen. Mit dem Haus verschwindet auch die Disco „Camera“, ein erinnerungsträchtiger Ort für viele Passauerinnen und Passauer. Das gelbe Eckhaus wurde 1877 errichtet, aber „aufgrund des desolaten Zustands der Bausubstanz“ war es nicht möglich, das Gebäude zu erhalten. Die Bürgermeisterin, der Hausbesitzer und der Bauleiter feierten den Beginn der Abbrucharbeiten mit einem symbolischen Hammerschlag. Beim Abriss entstehen 4000 Tonnen Bauschutt.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Presse (PNP, Niederbayern TV).
7. Alter Güterbahnhof, Stadt Kulmbach
Über den Bahnhof von 1890 wurde der Güterverkehr abgewickelt, dem Kulmbach seine wirtschaftliche Entwicklung verdankt. Zur Zeit des Nationalsozialismus diente der Bahnhof auch der Deportation jüdischer Bürger. Anfangs war der Bahnhof Teil der Neubauplanung des Universitäts-Campus. Dann wurde der Bahnhof doch zugunsten des Baus einer Tangente abgerissen. Professor Florian Nagler, Mitglied im Vorstand des Landesvereins und renommierter Architekt, hatte noch eine Stellungnahme für den Erhalt abgegeben.
Eingetragenes Baudenkmal Nr. D-4–77–128–486.
Quelle: Initiative.
8. Opfertrakt/Ostflügel der Heil- und Pflegeanstalt, Erlangen
In der „Heil- und Pflegeanstalt Erlangen“ (Baujahr 1846) wurden in der Zeit des Nationalsozialismus Hunderte von Patienten zwangssterilisiert, viele weitere fielen der „Euthanasie“ zum Opfer oder wurden auf sogenannten „Hungerstationen“ getötet. Bis 1977 fungierte die „HuPfla“ als Bezirkskrankenhaus, wurde dann Teil des Universitätsklinikums. Mitte Oktober 2020 wurde das Gebäude, trotz Denkmaleigenschaft, bereits weitgehend abgerissen. Mit dem Abbruch des Opfertraktes wurde im Mai 2023 begonnen.
Eingetragenes Baudenkmal Nr. D-5-62-000-453.
Quelle: Heimatpfleger.
9. Sog. „Schmitts Mary Haus“, Bad Neustadt a. d. Saale
Das ehemals jüdische Wohnhaus stammt aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, das Oberlicht datierte auf 1794. Jahrelange Vernachlässigung und Untätigkeit ließen das Gebäude immer weiter verfallen. Das Haus gehörte der BGL Grundbesitzverwaltungs-GmbH (Rhön-Klinikum AG). Nachdem ein Gebäudeteil eingestürzt war, wurde es im Februar 2023 abgerissen. Eine Sanierung zu früherem Zeitpunkt wäre wohl zumutbar gewesen.
Eingetragenes Baudenkmal Nr. D-6-73-114-121.
Quelle: Presse (Mainpost/Radio Primaton), Denkmalnetz Bayern.
10. Alpenhotel Fuchs, Nonn/Bad Reichenhall
Das Alpenhotel Fuchs im Nonner Unterland bestand seit 120 Jahren. Der Ur-Urgroßvater von Thomas Fuchs hatte Mitte des 19. Jahrhunderts in Nonn eine Wirtschaft eröffnet. Georg Fuchs baute im Jahr 1900 über dem Lacknerhof das Alpenhotel. Bis 2009 war das Hotel noch in einem relativ guten Zustand, wie Bilder bezeugen. Mehrmals wechselte das Alpenhotel in den vergangenen Jahren den Besitzer. Den Verfall hat niemand gestoppt. Nach dem Abriss im Sommer 2023 soll dort ein exklusives Hotel mit Chalets entstehen.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Verein, Webseite.
11. Großsiedlung Karlingerstraße, Moosach/München
Die Siedlung mit 13 Wohnblöcken stammt von 1941. In ihrem wenig veränderten Erscheinungsbild und wegen der schönen Freiflächen sticht die Siedlung aus der Nachbarschaft heraus. Der Dauerabriss wird sich noch bis in das Jahr 2028 hinziehen. Bis dahin fehlen auf dem Wohnungsmarkt in München hunderte Wohnungen. Dass es möglich wäre, Siedlungen dieser Art hochwertig zu sanieren, zeigt als gelungenes Beispiel der „Fürst-Albert-Block“ in Regensburg, den der Landesverein in seinem Werkblatt „Der Bauberater“ 2019, Heft 4, veröffentlicht hat.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Privat.
12. Altwirt, Kirchplatz 10, Kirchensittenbach
Das Gebäude galt als eines der ältesten Gasthäuser im Nürnberger Land. Es wurde nach dem Kauf des Baugrundes 1573 erbaut. Die Fachwerkkonstruktion im Südgiebel ließ sich eindeutig ins 16. Jahrhundert datieren. Das Gebäude wurde danach lediglich in den 1970er Jahren oberflächlich modernisiert. Der alte Gerichts- und spätere Tanzsaal des 16. Jahrhunderts war bis zum Abbruch erhalten. Trotz dieser 450-jährigen Geschichte wurde das Gebäude nicht in die Denkmalliste eingetragen. Im Herbst 2023 wurde es abgebrochen. An seiner Stelle wird eine unbebaute „neue Ortsmitte“ entstehen.
Kein eingetragenes Baudenkmal.
Quelle: Heimatpfleger.
Die Abstimmung ist abgeschlossen!
Vielen Dank für Ihre Stimmen! Der Gewinner ist: Das Fachwerkhaus Bayreuth-Rödensdorf. Mehr dazu erfahren Sie in unserer Pressemitteilung.
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